Auch dieses Jahr fand wieder ein spannender und informativer Fachtag statt.
Am Samstag, den 8.6.2024 referierte Gerhard Kupski aus Bochum in Bad Soden am Taunus zu seiner Arbeit mit Borderline-Patient:Innen in der Musiktherapie, zu
Risiken und Chancen.
Musik berührt die Kernproblematik der Borderline-Störung, die Affektregulationsstörung. Die emotionale Vulnerabilität dieser Patientengruppe tritt im Umgang mit Musik oft unmittelbar zu Tage und kann die Therapeut:in vor große Herausforderungen stellen, da in musiktherapeutischen Interaktionen fragile Bindungsmuster aktiviert werden.
Wie lässt sich über Musik ein Beziehungsfeld gestalten, in dem unkontrollierbar scheinende Affekte als regulierbar und integrierbar erlebt werden können? Und was bedeutet dies für die musiktherapeutischen Interventionen?
In diesem Seminar wurden praxisnah Spielideen diskutiert und erarbeitet, die in der Einzel- und Gruppenarbeit mit Borderline-Patient:innen hilfreich sind. Wiederholbarkeit und Sicherheit vermittelnde musikalische Abläufe, ein vertrautes musikalisches Milieu und haltgebende Formen bilden die Grundlage, um den Spielraum „freier Improvisation“ überhaupt erst eröffnen zu können
Gerhard Kupski arbeitet in einem DBT-Setting und steht in der Tradition der Nordoff/Robbins-Musiktherapie. Er orientiert sich am EBQ-Instrument und den Erkenntnissen der Mentalisierungsbasierten Therapie.
Gerhard Kupski, Dipl.-Musiktherapeut (DMtG), Nordoff/Robbins-Musiktherapie, tätig an der Hans-Prinzhorn-Klinik, Hemer, Schwerpunkt Psychotherapie der Borderline-Persönlichkeitsstörung, zertifiziert für DBT und zur Anwendung des EBQ-Instruments, Fortbildungen zur Mentalisierungsbasierten Therapie und Veröffentlichungen u.a. mit Prof. Ulrich Schultz-Venrath.
Eindrücke und Nachklänge vom 11. Fachtag des Frankfurter Arbeitskreises für Musiktherapie am 08.06.2024 in Bad Soden - ein Erlebnisbericht von Angelika Stiess-Westermann:
…. ein hübscher Ort im Vordertaunus, Bad Soden, in dem der Fachtag an diesem Wochenende stattfinden soll. Aber ich kenne ihn noch nicht, entscheide mich also gegen das Auto und nehme gemütlich – das 49 € Ticket machts möglich - die S-Bahn. Während der Fahrt lese ich, oder blicke aus dem Fenster, lasse die Frankfurter Großstadt hinter mir, lasse es grüner und ruhiger werden, auch in mir. Eintauchen in den Samstagmorgen; es verspricht, ein schöner Sommertag zu werden. Wer wohl da sein wird? Die Organisatoren, ja, und spannend, welche KollegInnen sich einfinden….
Nach einem kurzen Fußmarsch durch die Sodener Villen komme ich am St. Valentinus Krankenhaus an. Die Ausschilderung mit den vertrauten famt-Schildern führt sicher in den Tagungsraum, der hell und freundlich und ausreichend groß ist. Wie schön und unerwartet, manche bekannten Gesichter zu sehen, man tauscht sich aus, wie geht es denn mittlerweile, wo hat es einen hin verschlagen, wieviel Prozent arbeitet man, in welchen Bereichen…? Letztlich kommen 13 TeilnehmerInnen zusammen. Mir fällt wieder auf, wie aufgeschlossen und wohlwollend trotz der großen zeitlichen Abstände - das Miteinander ist. Liegt es an unserer Profession, der Musiktherapie?
Nach der Begrüßung durch die Vorsitzenden des famt e.V. und einer kleinen Einführung durch die Chefärztin der Klinik Dr. med. Susanne Gabriel, stellt Elka Aurora uns den Referenten, Gerhard Kupski vor, der aus der Nordoff/Robbins-Musiktherapie kommt, und an der Hans-Prinzhorn-Klinik, Hemer tätig ist.
Er führt uns in seine Arbeit mit einer speziellen Patient:innengruppe ein:
"Borderline Patient:innen in der Musiktherapie, Risiken und Chancen", so hieß das Thema, das Gerhard Kupksi uns sehr praxisnah nähergebracht hat. Durch den Wechsel an Vortrag mit Power-Point Folien und kleinen Übungen, Videos und live-musikalischen Beiträgen wird das Zuhören und Mitmachen angeregt – und kurzweilig. Das gemeinsame Mittagessen auf der Terrasse in der frischen Luft ermöglicht uns wieder Austausch, Plauderei… In dieser lockeren Atmosphäre schmecken Rigatoni, Salate und Pizzen vom Bad Sodener Italiener ganz fantastisch. Wir verabschieden uns nachmittags sehr wertschätzend von unserem Referenten. Wie fein und inhaltlich präzise er uns das Störungsbild der Borderline-Störung nahegebracht hat und uns handfeste Möglichkeiten aufgezeigt hat, musiktherapeutisch damit umzugehen! Mir ist wieder deutlich geworden, welch großes Potenzial bei der N-R-Ausbildung in der soliden musikalisch- handwerklichen Ausrüstung liegt. Das sucht seinesgleichen! Es gibt mir einen Ansporn mit, mich auf diesem Gebiet fitter zu machen, wie auch die Einsicht, welch große Bedeutung in einem haltgebenden, übrigens auch harmonisch klingenden Musikrahmen steckt. Und nicht zuletzt, dass bei dieser Patientengruppe „weniger mehr“ ist, Entlastung und Fokussierung bringt. Es ist auch große Dankbarkeit, die ich gegenüber den organisierenden famt-Vorstandsmitgliedern empfinde: Ganz zurückhaltend und doch effizient arbeiten emsige Kräfte Hand in Hand, vom Empfang bis zu Namensschildern, Rückmeldebögen und Essensbestellungen und raumtechnischen Gegebenheiten. Hier steckt so viel Arbeit drin!
Nicht ohne noch einen genussvollen Blick in den Bad Sodener Kurpark zu werfen trete ich wieder die Rückfahrt nach Frankfurt ein. Viele Eindrücke, die sich setzen wollen, und auch leise Vorfreude auf den nächsten Fachtag. Und die Bestätigung dessen, dass Musiktherapeutin zu sein einfach der schönste Beruf auf der ganzen Welt ist!